Schwäbische Zeitung: Islamstudium made in Germany

Im Zentrum für islamische Theologie in Tübingen sollen Religionslehrer ausgebildet werden – Doch es hakt bei der Finanzierung

Von Stefanie Järkel

Tübingen Wie ein Tempel wirkt die Villa Köstlin mit ihrem leicht schrägen Dach, den roten Schnörkeln unter der Dachrinne und ihrer quadratischen Form. Das zweistöckige, beige Gebäude duckt sich zwischen der ehemaligen Hals-Nasen-Ohren-Klinik und dem Geographischen Institut an der Rümelinstraße in der Tübinger Innenstadt. Seit knapp zwei Jahren ist hier das Zentrum für islamische Theologie der Universität Tübingen untergebracht – eines von bundesweit vier.

Junge Frauen und Männer können an diesem Ort Islamische Theologie studieren. Ab Herbst sollen Gymnasiallehrer für islamischen Religionsunterricht ausgebildet werden, langfristig auch Imame. „Die Einrichtung ist sehr, sehr wichtig für den gesellschaftlichen Frieden“, sagt Zentrumsdirektor Erdal Toprakyaran. „Es ist immer problematisch, wenn die Mehrheitsgesellschaft keine Religionsgelehrten zur Verfügung hat, mit der sie einen Dialog auf Augenhöhe, auf Deutsch führen kann.“

Doch das Zentrum hat mit Schwierigkeiten zu kämpfen: Die Finanzierung ist nicht gesichert, die Suche nach Dozenten gestaltet sich schwierig, es gibt zu wenig Platz – und zwei Sitze im Beirat des Zentrums konnten nicht besetzt werden, weil ein Teil der zuständigen muslimischen Gemeinschaft vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

 

Kopftuch mit Leopardenmuster

Donnerstagmittag, Seminarraum 4 im Theologicum, auf dem Semesterplan steht Tasawwuf. „Islamische Mystik in historischer Perspektive“, erklärt Toprakyaran. Der 38-jährige Juniorprofessor sitzt in schwarzem Hemd, braunem Pullunder und brauner Cordhose am Tisch, hinter ihm die Tafel, vor ihm 22 Studierende des vierten Semesters. Neun Männer, 13 Frauen. Die Kopftücher leuchten in Pink, in Blau oder in Gelb und Schwarz im Leopardenmuster.

Eine der Studentinnen ist Ebru Kocatürk – braune Augen, ein Mund wie Julia Roberts, Kopftuch, Jeans und Strickjacke. Die 22-jährige Muslima aus Kornwestheim möchte im Herbst in den Studiengang Islamische Religionslehre am Zentrum wechseln. Ob das möglich sein wird, hängt allerdings davon ab, ob die grün-rote Landesregierung zusätzliches Geld freigibt. Aktuell zahlen Bund und Land jährlich 800.000 bis 900.000 Euro. Im Kultusministerium in Stuttgart hält man sich bedeckt. „Diese Angelegenheit steht kurz vor der politischen Entscheidung. Diese wird derzeit auch vor dem Hintergrund der dafür nötigen Ressourcen geprüft“, heißt es etwas verschwurbelt aus der Pressestelle. Den aktuellen Bedarf an islamischen Religionslehrern an Gymnasien kann das Ministerium nicht beziffern. Allerdings gibt es im Südwesten allein mehr als 3500 Gymnasiasten mit türkischem Pass, die in der Regel Muslime sind.

„Ich finde es toll, dass hier Lehrer mit richtiger theologischer Basis ausgebildet werden“, sagt Kocatürk. „Für einen interreligiösen Austausch ist es sehr wichtig, dass der islamische Religionsunterricht auf Deutsch ist.“ Dies gelte sowohl für die Schulen als auch in den Moscheen. „Die türkischen Vereine beispielsweise lehren ihre Religion auf Türkisch“, sagt Kocatürk. Da könnten die Kinder in der Schule nachher nur schwer auf Deutsch erklären, warum sie fasten. Die 60 Studierenden, die mittlerweile im Zentrum für islamische Theologie lernen, stammen meist aus der Region und haben türkische Wurzeln. Fast alle sind Muslime, was keine Voraussetzung für das Studium ist. Im Zentrum erhalten sie unter anderem Unterricht in Arabisch, islamischem Recht, islamischer Glaubenslehre und eben Tasawwuf.

Weil es in der Villa Köstlin nur einen größeren Raum für Vorlesungen gibt, finden viele Veranstaltungen im Theologicum um die Ecke statt. Ein Neubau ist zwar im Gespräch, derzeit bemüht sich Toprakyaran aber erst einmal um Räume in der leer stehenden Hals-Nasen-Ohren-Klinik nebenan.

 

Scharia im Sinne des Grundgesetzes

Das Zentrum befindet sich noch im Aufbau. Derzeit sind vier von sechs geplanten Professuren besetzt. Es gestaltet sich recht schwierig, geeignetes Personal zu finden, wie Bernd Engler, Rektor der Universität Tübingen, erklärt. „Wenn wir akzeptiert hätten, dass sie nicht deutsch sind, noch nicht mal mit dem deutschen Wissenschaftssystem verbunden waren, dann hätten wir auch qualifizierte Personen aus Marokko gefunden“, sagt Engler. „Aber für uns war immer klar, wir machen keine Kompromisse.“

Der gebürtige Pfälzer Erdal Toprakyaran, Sohn türkischer Einwanderer, hat beispielsweise Orientalistik und Ethnologie an der Universität Heidelberg studiert, wo er im Anschluss auch promovierte. Er selbst bezeichnet sich als „Religionshistoriker“ und sieht den Koran zwar als Wort für Wort niedergeschriebene Aussagen Allahs, betont aber: „Es ist sehr wichtig, sich mit dem Koran im historischen Kontext auseinanderzusetzen.“ Sonst könne man ihn nicht verstehen. Dies gelte beispielsweise auch für die Scharia, die islamische Rechtslehre. Ursprünglich heißt es dort zum Beispiel, dass einem Dieb als Strafe die Hand abgehackt werden soll. Für Toprakyaran muss die Scharia heute so übersetzt werden, dass sie „nicht gegen das Grundgesetz verstößt“. Geld- oder Gefängnisstrafen statt abgehackter Hände.

Die moderne Sicht auf den Koran hält auch Friedmann Eißler, Islam-Experte der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen in Berlin, für sehr wichtig: „Man muss den Korantext zunächst einmal im siebten Jahrhundert lassen“, sagt Eißler. „Es ist zu begrüßen, dass islamische Theologie an Universitäten eingeführt wird. Entscheidend wird aber sein, welche Form sich hier durchsetzen wird: Wird das reproduziert, was islamische Theologie über Jahrhunderte herausgebildet hat oder wird ein methodisch-kritischer Umgang mit diesen Traditionen gepflegt und weiterentwickelt?“

Eißler zeigt sich besorgt, dass über den Beirat des Zentrums konservative Strömungen des Islam an Einfluss gewinnen könnten. Der Beirat muss bei der Benennung von Professoren und bei Grundsatzfragen im Semesterplan seine Zustimmung geben. Jede der vier Universitäten mit einem Zentrum hat selbst festgelegt, wer in den Beiräten sitzt. Die islamischen Gemeinden in Deutschland sollen in den Gremien eine Stimme erhalten. Die Beiräte sollen auch das Problem lösen, dass es nicht den einen Islam in Deutschland gibt, sondern viele Strömungen und Gruppen, die teilweise auch zerstritten sind. In Tübingen darf unter anderem die türkisch-islamische Ditib drei Vertreter benennen.

Toprakyaran betont, dass alle sieben Mitglieder des Beirates studierte Theologen seien. Engler weist darauf hin, dass es bisher „keine einzige strittige Debatte“ mit dem Beirat gegeben habe. Allerdings ist das Gremium derzeit gar nicht vollständig. Zwei Plätze sind vakant. Für diese sollte eigentlich die Islamische Glaubensgemeinschaft Baden-Württemberg (IGBW) zwei Vertreter benennen. Doch das Bundesministerium für Bildung und Forschung machte deutlich, dass eine solche Besetzung „förderschädlich“ sei, wie Engler sagt. In der IGBW ist auch die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) organisiert, die vom Verfassungsschutz wegen antidemokratischer Tendenzen beobachtet wird.

 

Getrennter Schwimmunterricht

In der Türkei versucht die Milli Görüs-Bewegung das bestehende Staatsprinzip durch eine islamische Staatsordnung abzulösen. In Deutschland setzt sich die IGMG für die Trennung der Geschlechter beim Schwimmunterricht ein. Während die Universität die Stellen im Beirat offen lassen will, bis „alle Probleme gelöst sind“, wie Engler sagt, kritisieren Studenten die Vakanzen. „Ich finde es schade, dass diese Plätze überhaupt nicht besetzt sind und somit ein Teil der Muslime nicht repräsentiert werden kann“, sagt Kocatürk, die auch als Vertreterin der Studierenden im Zentrumsrat sitzt.

Um die Zukunft seiner Absolventen macht sich Toprakyaran keine Sorgen. Sie könnten als Religionslehrer, als Wissenschaftler, als Imame, aber auch in der freien Wirtschaft als Berater tätig werden, sagt er. Zudem gelte es, die islamischen Schriften und Begriffe ins Deutsche zu übersetzen. Schon allein durch die neuen deutschen Texte erwartet Toprakyaran einen Einfluss auf den Islam in Deutschland. „Mit jeder Übersetzung verändert sich etwas, entsteht etwas Neues. Wir werden grundsätzlich unsere eigene Theologie entwickeln auch in Kooperation mit Nicht-Muslimen, christlichen Theologen und Orientalisten“, sagt Toprakyaran. „Das müssen wir auch, das ist unsere Existenzberechtigung.“

(Erschienen: 13.06.2013 13:35)

http://www.schwaebische.de/region/wir-im-sueden/baden-wuerttemberg_artikel,-Islamstudium-made-in-Germany-_arid,5452291.html

IGBW Vorstand besuchte das Zentrum für Islamische Theologie in Tübingen

Vorstandsmitglieder der Islamischen Glaubensgemeinschft Baden-Württemberg haben das neugegründete Zentrum für Islamische Theologie in Tübingen besucht. Im Gespräch mit dem Leiter des Zentrums, Prof. Omar Hamdan liessen sich der IGBW Vorsitzender Muhittin Soylu und weitere Vorstandsmitglieder über die Fortschritte im Zentrum informieren. Zudem wurden Informationen ausgetauscht und die Möglichkeiten der Zusammenarbeit des Zentrums mit den Islamischen Religionsgemeinschaften erörtert. Bei der anschliessenden Führung durch die Räumlichkeiten konnte man den Pioniergeist spüren. Zur Zeit studieren ca. 60 Studenten die Islamische Theologie.

Die IGBW hatte bei der Gründung des Zentrums mitgewirkt, ist jedoch aus politischen Gründen von der Beteiligung am Beirat ausgeschlossen worden. Zwei für die IGBW vorgesehene Sitze im Beirat sind immer noch unbesetzt. Gespräche für den Rückkehr der IGBW ins Beirat dauern an.

Islam-Lehrstuhl in Tübingen startet

Es ist ein wichtiges Integrationsprojekt der Bundesregierung: In Tübingen nimmt das bundesweit erste Islam-
Zentrum an einer deutschen Universität die Arbeit auf. Das Projekt findet aber bis jetzt weniger Interesse als
erwartet. Es seien 24 Studierende für die 40 Plätze eingeschrieben, sagte Unirektor Bernd Engler. Er betonte,
es gehe darum, zum ersten Mal Islamwissenschaftler auf Deutsch auszubilden. Die Suche nach einem
Lehrstuhlinhaber hatte sich schwierig gestaltet. Zwar gab es Bewerber, denen aber meist fachliche
Qualifikationen fehlten. Der erste Tübinger Professor für islamische Theologie heißt Omar Hamdan und stammt
aus Tira, einer Stadt im Westjordanland. Im Laufe der nächsten Jahre sollen insgesamt sechs Lehrstühle besetzt
werden. dpa

Stuttgarter Zeitung, Samstag, den 01. Oktober 2011, Seite Nr. 1

Das Experiment mit dem Islam

Studium Tübingen startet als bundesweit erste Universität mit einem Zentrum für islamische Theologie. Die Ziele sind
hochgesteckt. Auf wissenschaftlicher Grundlage soll der Islam im europäischen Kontext betrachtet werden. Doch der
Anfang ist noch holprig. Von Renate Allgöwer

Der Anspruch ist hoch. „Das Zentrum für islamische Theologie will internationale Akzente setzen und international wissenschaftlich wahrgenommen werden.” So positioniert Bernd Engler, Rektor der Universität Tübingen, die neue Institution, die in Tübingen am 10. Oktober ihren Lehrbetrieb aufnehmen wird. Es geht um nichts weniger als um die Akademisierung der islamischen Theologie, findet Stefan Schreiner, Inhaber des Lehrstuhls für Religionswissenschaften mit dem Schwerpunkt Judaistik und Islamistik. Dabei handle es sich um ein „Experiment ohne Präzedenz”, betont Schreiner.
Das neue Zentrum in Tübingen wird eines von vier bundesweiten Zentren für islamische Theologie sein. Weitere entstehen in Münster/Osnabrück, in Erlangen-Nürnberg und in Frankfurt/Gießen. Sie werden im nächsten Jahr mit den Vorlesungen beginnen. Jedes Zentrum wird vom Bund mit vier Millionen Euro gefördert. Tübingen hat im Anschluss an die Bundesförderung jährliche Zuschüsse von 1,3 Millionen Euro aus der Landeskasse zu erwarten.
Die Einrichtung der Zentren trägt der Bedeutung des Islams in Deutschland Rechnung, diese Einschätzung von Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) teilt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) als Kirchenbeauftragter der Landesregierung schon lange.
Allein im Land leben 600 000 Menschen muslimischen Glaubens. Schavan erhofft sich von den Zentren einen verstärkten theologischen Diskurs sowie einen Beitrag dazu, dass die vier Millionen Muslime in Deutschland, „in unserer Gesellschaft beheimatet sein können”, sagt Schavan.
„Die muslimischen Gemeinschaften haben im Zuge der religiösen Pluralisierung Anspruch auf Religionsunterricht an staatlichen Schulen sowie auf Repräsentanz im Hochschulsystem”, hatte Kretschmann schon als Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag im Juli 2010 postuliert. Er sah es schlicht als „eine integrationspolitische Notwendigkeit” an, dass islamische Religionslehrer sowie Imame an deutschen Universitäten ausgebildet werden. Seit Jahren wird die Einführung von islamischem Religionsunterricht an den Schulen gefordert. Doch es fehlte an Lehrern.
Das Tübinger Zentrum will auch Lehrer ausbilden, doch die Details müssen noch mit dem Kultusministerium geklärt werden, sagt Rektor Engler. Für das Lehramt werde ein eigenes Curriculum erstellt, das sich aber mit dem des jetzt beginnenden Bachelorstudiengangs überschneiden werde. „Wir wollen höchstmögliche Flexibilität, um auch nach den ersten Semestern noch einen Quereinstieg zu ermöglichen”, sagte Engler. Auch eine Beifachlösung für Lehramtsstudenten mit anderen Hauptfächern müsse noch
geregelt werden. Das Hauptanliegen des Zentrums sei aber, ein breites theologisches Angebot zu machen, sagt Stefan Schreiner. „Wir verstehen es nicht zuerst als berufsorientierende Einrichtung.”
Der achtsemestrige Bachelorstudiengang „Islamische Theologie” ist eine bekenntnisbezogene Disziplin. Sie verbindet islamische Theologie mit allgemeinen geistes-, kultur- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen. Der Islam im europäischen Kontext könnte sich zu einer Spezialität entwickeln. Über die bekenntnisrelevanten Fragen entscheidet ein Beirat mit sieben Mitgliedern. Der Studiengang sei sunnitisch orientiert, sagt das Beiratsmitglied Muhamed Bascelic. Jedoch soll „ein Mindestmaß an innerislamischem Pluralismus” abgebildet werden, schreibt die Universität. Geplant sind sechs Lehrstühle zu Koran- und Hadith-Wissenschaften, zu islamischem Recht, Glaubenslehre, Geschichte und Religionspädagogik. Es wird in deutscher Sprache gelehrt.
Doch die Experten sind dünn gesät, auch wegen der sprachlichen Hürde. Rektor Engler zeigte sich „ausgesprochen glücklich”, dass Omar Hamdan auf den Lehrstuhl für Koranwissenschaften berufen werden konnte. Der gebürtige Israeli sunnitischen Glaubens hatte 1995 in Tübingen promoviert. Engler lobte ihn als ausgewiesenen Islamwissenschaftler, der bestens international vernetzt sei. Zwei Juniorprofessoren stehen kurz vor ihrer Berufung. „Wir legen zuvörderst Wert darauf, bestqualifizierte Lehrkräfte zu gewinnen”, sagte Engler. Notfalls lasse man sich lieber Zeit mit den Stellenbesetzungen. Wenn die Studenten jedoch ins dritte Semester kommen, sei weiteres Personal notwendig, um Lücken im Lehrplan zu schließen.
Auch bei den Studenten ist der Andrang nicht so hoch wie erwartet. 40 Studienplätze bietet das Zentrum. 42 Bewerbungen aus aller Welt seien eingegangen, aufgenommen wurden 24 junge Männer und Frauen. Viele scheiterten an den sprachlichen Voraussetzungen.
Deutsch müssen sie können, Muslim zu sein ist dagegen keine Voraussetzung. Die erfüllt jedoch Farina Stockamp. Die 21-Jährige aus Niedersachsen konvertierte vom evangelischen Glauben zum Islam. „Der Islam entspricht meiner Lebenseinstellung” sagt die Studentin der „Sprachen, Geschichte und Kulturen des Nahen Ostens”. Sie wird islamische Theologie im Parallelstudium betreiben. „Mir fehlte der theologische Tiefgang”, sagt sie, „den hoffe ich hier zu finden.”
Adnan Fetic, der vor 14 Jahren aus Bosnien-Herzegowina nach Deutschland kam, entstammt einer Imam-Familie. Der 21-Jährige konstatiert: „In Deutschland fehlen muslimische Fachkräfte.” Er hofft, dass das Zentrum „eine neue Generation fachkompetenter Kader heranbildet”. Ob er selbst später Imam oder Lehrer oder Wissenschaftler wird, lässt er offen. Gebraucht würden alle Berufsbilder.

Quelle: Stuttgarter Zeitung, Samstag, den 01. Oktober 2011

Der Beirat des Zentrums für Islamische Theologie an der Universität Tübingen nimmt die Arbeit auf. Vorerst ohne Beteiligung von IGBW

Stuttgart,  9.Mai 2011

Die Universität Tübingen hat am 3. Mai 2011 mit einem Pressegespräch den Beirat für das Zentrum für Islamische Theologie und die beteiligten islamischen Verbände vorgestellt. Die Islamische Glaubensgemeinschaft Baden-Württemberg, IGBW war zu dieser Vorstellungsrunde nicht eingeladen. Somit startet das Zentrum ohne Beteiligung des zweitgrößten islamischen Dachverbands in Baden-Württemberg.

Die IGBW war einer der vier unterzeichnenden Verbände, die sich mit einem Schreiben an die Landesregierung für den Standort Tübingen eingesetzt hatten. Die IGBW war auch seit Anfang 2010, d. h. von Beginn an bei den Vorbereitungsgesprächen der Universität mit den islamischen Landesverbänden dabei. Als Antwort auf eine Anfrage im Landtag vom 13. Januar dieses Jahres, hatte das Wissenschaftsministerium noch vier Dachverbände, darunter auch IGBW als Gesprächspartner zur Bildung des Beirats genannt. „Für uns ist es unverständlich, dass das Zentrum ohne Beteiligung der Islamischen Glaubensgemeinschaft Baden-Württemberg startet. Dadurch werden rund 100 Moscheegemeinden – das sind ein Drittel aller Moscheen in Baden-Württemberg – von diesem Prozess ausgeschlossen. Es sind ja gerade diese Moscheen die einen großen Bedarf an ausgebildeten Imame haben.

„ Wie will man diese Gemeinden überzeugen, die Absolventen als Imame oder Seelsorger einzustellen, wenn sie nicht als Partner in den Prozess eingebunden werden. Das gilt auch für die Akzeptanz der Religionslehrer/innen, die hier ausgebildet werden sollen. Das ist für eine breite Unterstützung des Islamischen Religionsunterrichts von großer Bedeutung“ sagte der Vorstandsvorsitzender der IGBW Muhittin Soylu.

Problematisch ist auch, „dass Arabische, Deutsche, Albanische, Afrikanische und Muslime anderer Herkunft, die in der IGBW organisiert sind, nicht im Beirat vertreten sind. Dadurch besteht der Beirat bis auf einen bosnischen Vertreter nur aus türkischen Muslimen. So wird die Vielfalt der Muslime im Beirat nicht wiedergegeben. Bei den bisherigen Gesprächen mit der Universität waren für IGBW 2 Sitze im Beirat vorgesehen, die jetzt unbesetzt geblieben sind.

Da es der IGBW bisher keine konkrete Begründung für die Nichtbeteiligung vorliegt, scheint diese Vorgehensweise eher politisch begründet zu sein. Die IGBW ist bereit, mit allen Beteiligten konstruktive Gespräche zu führen, um diese unvollständige Beiratszusammensetzung zu korrigieren und ist zuversichtlich, dass eine Lösung für die Beteiligung der Islamischen Glaubensgemeinschaft Baden-Württemberg gefunden wird, weil das für den Erfolg des Zentrums und Akzeptanz unter den Muslimen unabdingbar ist.

Lesen Sie dazu auch:  http://www.islam.de/18013.php

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Beiratsmitglieder des Tübinger Zentrums für Islamische Theologie

Suleyman Tenger, Vorsitzender
Geboren in:    Türkei
Aktuelle Funktion:   Religionsbeauftragter an der Zentral Moschee der Türkisch Islamischen Union
(DITIB) und Religionspädagoge und Referent am Dokumentationszentrum für
islamische Relgionspädagogik (DITIB)
Ausbildung:   Studium der Theologie und Religionspädagogik an der Universität Ankara,
Promotionsstudent an der Universität Bayreuth
 

Muhamed Baščelič, Stellv. Vorsitzender
Geboren in:    Bosnien-Herzegowina
Aktuelle Funktion:   Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft der Bosniaken in Deutschland
e.V. und Doktorand an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität
Tübingen
Ausbildung:   Studium der Theologie und des Lehramts an der Universität in Sarajevo, Bos-
nien

Dr. Fatma Bayraktar-Karahan
Geboren in:    Türkei
Aktuelle Funktion:   Predigerin im Raum Essen und Referentin im Projekt ProDialog
Ausbildung:   Studium der Theologie und Religionspädagogik an der Universität Ankara,
Türkei, Promotion zum Thema „Beziehung zwischen Gebet und Schicksal“ am
Institut für Geisteswissenschaften der Universität Ankara

Serkan Ince
Geboren in:    Deutschland
Aktuelle Funktion:   Masterstudium der Religionswissenschaft mit Schwerpunkt religiöse Gegen-
wartskultur an der Universität Bayreuth
Ausbildung:   Studium Wirtschaftsrecht  an der Universität Köln, Studium der Islamischen
Theologie an der Universität Ankara

Ismail Kuvvet
Geboren in:    Deutschland
Aktuelle Funktion:   Gemeindeleiter und Erzieher am Kulturzentrum der Deutsch-Türkischen In-
tegration und Islam Bildung e. V. (KDTI) Herrenberg
Ausbildung:   Ausbildung in islamischer Theologie; staatlich anerkannter Jugend- und Hei-
merzieher

Professor Dr. Abdullah Takim
Geboren in:    Türkei
Aktuelle Funktion:   Stiftungsgastprofessor für Islamische  Religion an der Universität Frankfurt;
Mitorganisator des Theologischen Forums Christentum – Islam der Diözese
Rottenburg-Stuttgart
Ausbildung:   Studium der Orientalistik, Islamwissenschaft und Philosophie an der Ruhr-
Universität Bochum; dort Promotion über „Koranexegese im 20. Jahrhundert“
 
Dr. Halise Kader Zengin
Geboren in:    Deutschland
Aktuelle Funktion:   Wissenschaftliche Assistentin an der Theologischen Fakultät der Universität
Ankara, Türkei

Ausbildung:   Studium der Philosophie und Religionswissenschaft an der Universität Ankara,Promotion zum Thema „Die islamisch religiösen Unterrichtsmodelle in
Deutschland (Beispiel Bayern)“ an der Universität Ankara